Montag, 12. November 2012

Viel nach zu holen

Zuerst einmal sorry, dass ich ewig nichts hier rein geschrieben habe, aber in den letzten Wochen ist sehr viel passiert. 
Am Besten fange ich bei dem Strandausflug vor ungefähr zwei Wochen an.

PUNTO FIJO 

Meine Gastfamilie und ich sind vor zwei Wochen über ein verlängertes Wochenende nach Punto Fijo an den Strand gefahren. Die Natur ist super schön, jedoch ist es mir dort ZU warm. Teilweise bis zu 46° C. Und das in der Vorweihnachtszeit.


         
  




 



So schön das Wetter und die Natur waren, ich konnte es nicht wirklich genießen. Erstens hatte ich eine Bronchitis und durfte täglich 5 verschiedene Medikamente an 10 verschieden Zeiten einnehmen, und zweitens entstanden mehr Probleme mit meine Familie. Ich fühlte mich immer unwohler, da sie fast gar nicht mehr mit mir redeten und ihr eigenes "Ding" machen wollten. 
Ich habe mich einfach nicht mehr gut gefühlt und war ziemlich einsam... ist ja kein Wunder! 
Allein am Ende der Welt, mit einer Bronchitis, wenig Spanischkenntnissen und Heimweh. 
Hört sich spaßig an.

Am letzten Tag in Punto Fijo habe ich mit Glenda telefoniert und fragt sie, ob ich ein paar Tage bei ihr wohnen kann, da es kaum mehr auszuhalten schien. Ihre Familie sagte mir, dass ich kommen kann, wann ich will. Und wenn es direkt nach dem Trip sei.
Am nächsten Tag sprach ich mit Katherine von AFS, um alles für einen


FAMILIENWECHSEL

vorzubereiten. AFS war total nett zu mir, jedoch meinten sie, dass es nicht leicht sei, eine Familie in Valera zu finden. Möglicherweise muss ich die Stadt wechseln. Natoll... jetzt, wo ich schon Leute hier kenne, Freunde gefunden habe, muss ich eventuell gehen. TIEFPUNKT. Dann hörte ich erstmal gar nichts mehr von AFS. Ich schrieb Katherine, um zu erfahren, was denn jetzt passieren würde. Keine Antwort. Meine Gastfamilie wusste überhaupt nicht, was alles in Gang gesetzt wurde. 
Am Donnerstag, den 01.11. passierte dann folgendes: 
Andrea, eine weitere Person von AFS, kam zu mir nach Hause. Erst redete sie nur mit meinem Gastvater im Garten. Ich war total verwirrt, da ich überhaupt nicht wusste, was die beiden besprachen. Meine Gastschwester schlich andauernd im Garten rum, und ich saß wartend im Wohnzimmer. Nach einer halben Stunde stand sie dann vor mir. "Hallo Paulina, pack deine Sachen, du wechselst jetzt sofort in eine Übergangsfamilie und nach dem Wochenende kommst du in eine langfristige Familie." 

Ich war total perplex.

Anschließend teilte mir die liebenswerte Andrea noch mit, dass wenn sie noch einmal höre, dass ich geraucht habe, ruft sie AFS-Caracas an und ich fliege zurück nach Deutschland. OK?! Wer hat dir denn ins Gehirn geschissen? 
ALLE AFS-er haben mir gesagt, dass es in Ordnung sei, wenn ich rauche! Und dann kommt eine einzige Person und spielt "FRAUGANZGENAU"?
Außerdem teilte sie mir noch mit, dass ich mich zu wenig anpassen würde, nicht hier wäre um meine deutsche Kultur zu leben. Das kann sie beurteilen, nach 2 Besuchen in meiner Familie, die je 10 Minuten dauerten? 

Naja, wie auch immer...

Danach kam mein verwirrter Gastvater und meine Gastschwester zu unserem Gespräch dazu. "Paulina, sag deiner Familie, was du fühlst! Ist vielleicht das letzte Mal, dass du die Chance dazu hast". Als ich sie fragte, ob ich es in Englisch sagen könne, da mein Spanisch einfach noch viel zu schlecht ist, antwortete sie mir eiskalt: " Ne, du bist hier, um Spanisch zu lernen. " Alles klar, also habe ich halt irgendwas vor mich hingebrabbelt, um es Andrea recht zu machen. Anschließend hat sie mir dann aber doch noch mit genervtem Blick beim Übersetzen geholfen. Und dann: " Ah Paulina, kannst leider doch nicht die Familie heute wechseln, habe eine SMS von Katherine erhalten. Bereite alles vor, morgen Nachmittag holen wir dich dann ab. Ciao, schönen Abend noch." WTF?

Kommt die einfach zu mir nach Hause, macht ein totales Chaos, und lässt mich dann mit meiner Familie alleine, die 7468287 Fragen hat. 

So langsam fang ich an, AFS sehr zu lieben.

Danach habe ich sehr viel mit meiner Familie geredet und es hat sich rausgestellt, dass vieles einfach nur Missverständnisse waren. 

Am nächsten Morgen habe ich dann alles gepackt, alles für meinen "Umzug" vorbereitet.
Ich war bereit! AFS anscheinend nicht. Keine Antworten auf meine SMS, keine Infos, nichts! Nun saß ich da, mit gepackten Koffern und der Ungewissheit. 
Schlussendlich habe ich dann sonntags einen Anruf von Katherine erhalten. "Paulina, ich habe eine Familie für dich gefunden. Eine großartige Familie. Ich hol' dich später ab, also pack deine Sachen!"

ERNSTHAFT?! 
Ich sitze seit 3 Tage auf gepackten Koffern und warte... 

Naja, am Sonntag vor einer Woche habe ich dann die Familie gewechselt. Von meiner alten Familie habe ich mich gut "getrennt". Sie haben mir angeboten, dass ich sie immer besuchen kann, wenn mir danach ist.


Und jetzt: habe ich DREI Brüder! 7, 12 und 16 Jahre alt. Das krasse Gegenteil! Immer Aktion im Haus. Und ich bin zwar erst eine Woche in dieser Familie, fühle mich aber als wäre ich schon ewig bei ihnen. Zu meinem ältesten Bruder habe ich schon eine ganz gute Beziehung aufgebaut. Jeden Abend sitzen wir zusammen, gucken TV, reden und lachen. 
Er behandelt mich wie eine richtige Schwester. Ärgert mich, verarscht mich, erzählt meinen Gasteltern irgendwelche Sachen, die nicht stimmen (wie zum Beispiel, dass ich hier einen Freund habe) und macht Faxen mit mir. 
Meine kleinen Brüder sind noch ein bisschen schüchtern, aber das lockert sich auch langsam auf. 

Ich bin sehr, sehr glücklich, jetzt in dieser Familie gelandet zu sein.

An meinem ersten Wochenende in meiner neuen Familie sind wir nach Maracaibo gefahren, um einen Teil der Familie zu besuchen. Leider habe ich nicht so viel von der Stadt gesehen, aber das war auch nicht der Sinn der Reise!






Alles in Allem: fühle ich mich jetzt super wohl und kann endlich so sein, wie ich bin, mich mit Geschwistern streiten und Faxen machen.
Zum Beispiel habe ich gestern mit Luis Ramón ( der älteste Bruder ) einen so heftigen Lachflash bekommen, dass ich nicht mehr essen, trinken oder reden konnte. Über eine Stunde lang. 
Endlich konnte ich mal das rauslassen, was sich über 2 Monate in mir angestaut hatte.

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Viele denken sich jetzt bestimmt " man bin ich froh, hier meinen langweiligen Alltag zu haben!"... Ich bin jetzt mega glücklich hier zu sein, denn das, was ich hier in 2 Monaten erlebt habe, würde ich in Deutschland in 3 Jahren nicht erleben. 
Ich merke, wie ich an all diesen Hindernissen immer ein Stückchen wachse. Auch wenn es manchmal nur kleine Sachen sind. Ich weiß, ich habe nicht meine Mama oder meinen Papa hier, die das mit mir oder für mich erledigen. 
Die meiste Zeit bin ich auch mich allein gestellt, muss eigene Entscheidungen treffen und alleine klar kommen. Auch, wenn ich manchmal gerne meine Koffer packen würd, ist es die krasseste und wertvollste Zeit für mich, die ich je hatte und haben werde.

1 Kommentar:

  1. Toll, mein Schatz, dass sich alles so gut entwickelt hat!!! Und ja, es ist noch toller, dass du das alles ALLEINE geschafft hast! Wenn man daran nicht reift, dann weiß ich nicht, woran denn sonst...
    Ich wünsch dir weiterhin viel Spaß mit deiner neuen und ab und an mal schöne Begegnungen mit deiner alten Familie! ;-)
    Dagmar

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